Volle Röhrung

Mit September steigt beim Hirsch der Lustpegel – und der Wald wird zur Bühne

In den Tagen, in denen der Sommer dem Herbst endgültig das Zepter übergibt und die Natur eigentlich mit den Vorbereitungen für die ruhige Jahreszeit beginnt, gerät der König der Wälder erst so richtig in Wallung. Beim Hirsch steigt jetzt der Lustpegel nämlich hörbar an: Während die imposanten Geweihträger den Großteil des Jahres im Rudel verbringen, machen sich die Hirsche nun im Alleingang bereit für die Paarungszeit. Vor allem in den Abendstunden werden da dann die gewählten Brunftplätze aufgesucht. Waldlichtungen werden temporär zur Freiluftarena für stimmgewaltige Röhrer. Kehlkopf und Stimmbänder werden mit einem klaren Ziel belastet: Einerseits das andere Geschlecht nachhaltig zu beeindrucken, andererseits um möglichen Konkurrenten klar zu zeigen, wer im dichten Grün der eigentliche Chef ist.

Steigende Aggression

Die Hirsche nehmen nur sehr spärlich Nahrung auf, denn sie haben sich in den Monaten zuvor sogenannten Feist angelegt, um genügend Kräfte zu sammeln und das Geweih, das wichtigste sekundäre Geschlechtsmerkmal, ist seit etwa Anfang August gefegt, also von der Basthaut befreit. Auch die Aggressivität unter den Hirschen nimmt hormonbedingt ständig zu, sodass sich die älteren Hirsche als erstes von den Junggesellenrudeln trennen und die traditionellen Brunftplätze aufsuchen, wo sie in weiterer Folge als Platzhirsch ihren Harem vor Konkurrenten verteidigen müssen.

Das typische Röhren der Hirsche setzt jedoch nicht gleich zu Beginn der Brunft ein. Gegen Ende der Fortpflanzungsperiode hingegen schaukelt sich die Situation allmählich zur sogenannten Hochbrunft auf und wird zum urigen Schauspiel bzw. Hörspiel. Dabei schreien sich die Hirsche förmlich ein und bekommen eine zunehmend tiefere Stimme.

Wenig Kampfeslust

Zu den berühmten und auf Bildern immer wieder gezeigten Kämpfen zwischen zwei Hirschen kommt es nicht immer, da diese Kämpfe energiezehrend sind und eine Verletzungsgefahr darstellen. Jüngere Herausforderer werden schnell in die Schranken verwiesen. Gleich alte und vor allem gleich stark erscheinende Rivalen drohen einander, zeigen Imponierverhalten wie Geweihwühlen im Boden und scharren mit den Vorderläufen (Vorderbeine), laufen parallel nebeneinander her und versuchen sich so gegenseitig einzuschätzen. Dieses Verhalten hilft Kämpfe und somit eventuell tödlich verlaufende Verletzungen zu vermeiden. Sollte dennoch keiner der Rivalen nachgeben kommt es zum Kampf.

 

Foto: Ch. Böck

Die Pirsch wird weiblicher

Das Weidwerk ist längst kein reines Männerhandwerk mehr: Der Anteil der Frauen, die die Jagdkarte erwerben, wächst stetig. Insbesondere beim Oberösterreichischen Landesjagdverband setzt man auf mehr Weiblichkeit am Hochstand.

Pop-Queen Madonna, Bestsellerautorin Rita Mae Brown, Schauspielerin Eva Longoria und Model Claudia Schiffer – sie alle haben eines gemeinsam: Die prominenten Damen sind Teil der langen Liste an Jagdkarten-Inhaberinnen. Denn auch ganz abseits von Glanz und Glamour ist eines klar: Die Frauenpower in Lodengrün steigt stetig – die Jagd wird eindeutig weiblicher.

Längst ist das Jagen nicht mehr das alleinige Betätigungsfeld der Männer. Natürlich ist die Jagd gesamt gesehen noch immer eine Männerdomäne. Knapp 90 Prozent der Jäger in Oberösterreich sind männlich. Der Frauenanteil jener, die die Jagdprüfung ablegen, steigt jedoch stetig an. In manchen Bezirken machen Frauen sogar über 20 Prozent der Prüflinge aus. Was früher die große Ausnahme war, wird immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit. Waren es vor 30 Jahren gerade einmal wenige Prozent, so ist der Anteil der Jägerinnen mittlerweile auf über das doppelte angestiegen. Etwa 20.300 Jägerinnen und Jäger üben in Oberösterreich das Weidwerk aus, der Frauenanteil liegt bei rund 10 Prozent – Tendenz steigend. Spannend auch das Durchschnittsalter: Bei den oberösterreichischen Jägerinnen liegt dies bei 44 Jahren. Deutlich unter dem der Männer mit 54 Jahren.

Ziel ist es, die Frauenquote in der Zukunft weiterhin zu steigern. Wir wollen, dass die Frauen das Bild der Jagd maßgeblich mitgestalten. Selbst wenn dies jetzt paradox klingen mag: Aber mit diesem Ziel geht man auf gewisse Weise auch wieder einen Schritt zurück. In der Geschichte der Jagd und in der Mythologie gibt es nämlich weibliche Vorbilder mit Jagdgewehr oder Pfeil und Bogen. Allen voran Artemis, die Göttin der Jagd.

Und längst ist der patriarchale Mythos überholt, dass es in der langen Geschichte der Jagd vor allem den Männern oblag, durch die Natur zu streifen und mit entsprechender Beute heimzukehren. Dass die Rollen nämlich oft sehr „klassisch“ verteilt waren – Kinderpflege und Beeren sammeln war Frauenarbeit und die Steinzeit-Männer warfen sich nur mit Speeren bewaffnet Mammuts und Bären entgegen – ist nachweislich falsch. Tatsächlich gingen in der Steinzeit auch die Frauen auf die Jagd.

In vielen Revieren sind damit Frauen heute ein unverzichtbarer Bestandteil der Jagdgemeinschaft. Und sie tragen entscheidend zu einem neuen, sicher auch moderneren Image der Jagd bei.

Zeitgemäße Nähe zur Trophäe

Vorurteil der „Sammlerleidenschaft“ ist im Jagdwesen überholt

Es ist einer der immer wieder erhobenen Vorurteile gegen die heimische Jagd: Jäger würden den Trophäenkult huldigen und in diesem Sinne auch die Jagd ausüben. Doch auch wenn heute noch so manche Forsthäuser und Schlösser mit Geweihen und Gehörnen oder anderen Beutestücken traditionell geschmückt sind, so ist der Zugang zur Jagd heute längst ein vielschichtiger.

Der „Trophäenkult“ ist ein Schlagwort, das auf die moderne Jagd so nicht zutrifft. Auch wenn die Trophäe für den einzelnen Jäger immer noch oft eine Erinnerung an ein vielleicht unvergessliches Jagderlebnis bedeutet: Jagdtrophäen haben heute auch eine biologische Funktion. Vor allem geben sie Aufschlüsse über den Aufbau, die Gesundheit und die Ernährungssituation von Wildbeständen. Sie hat daher nach wie vor, wenn auch in einem völlig anderen Sinne, ihre Bedeutung. Trophäenschauen werden heute als Hegeschauen durchgeführt und geben u.a. Auskunft über die Situation dieser Wildarten und deren Bestand im Lebensraum.

Die „Trophäenjagd“ ist Teil der Jagd und dient der Erinnerung an die Geschichte der Erlegung. Negativ wird es dann, wenn der Abschuss rein auf starke Trophäenträger ausgerichtet ist. Dass dies insbesondere in Oberösterreich nicht so ist, lässt sich eindrucksvoll mit Zahlen belegen: Nicht einmal ein Fünftel der Abschüsse findet bei den Trophäenträgern statt! Des Weiteren gibt es in Oberösterreich seit etwa 30 Jahren die Abschussplanverordnung, die sich am Schalenwildeinfluss im Wald orientiert und die Aufteilung der zu erlegenden Tiere vorgibt. Die Trophäe ist demnach ein „Nebenprodukt der Abschüsse“, die ohnehin geschehen – und auch Kulturgut.

Ein Blick auf die jüngste Jagdstatistik 2021/22 zeigt, dass nur ein geringer Teil des Gesamtabschusses auf „Trophäenträger“ fällt: Von 80883 Rehen wurden 26477 Böcke (vom Jährling bis zum alten Rehbock) erlegt. Mehrjährige Böcke, also jene mit eigentlichen Trophäen, wurden 12811 erlegt, das sind 15,84 Prozent. Der Rest sind Geißen und Kitze.

Von 4020 erlegten Stücken Rotwild wurden 1074 Hirsche (vom einjährigen bis alten) gestreckt. Trophäenträger (Hirsche der Klassen I und II) wurden 302 Stück oder 7,5 % erlegt. Der Rest Tiere, also weibliches Wild, und Kälber.

In diesem Zusammenhang ist die so genannte Winterfütterung zu sehen, die nicht der „Trophäenzucht“ dient, sondern der Wildeinflussminimierung im Wald und Lenkung von Wildbeständen in der Kulturlandschaft in Bereiche, wo wenig Schaden zu erwarten ist.

Die Statistik zeigt jedenfalls eindrucksvoll, dass das alte Vorurteil der reinen Trophäenjagd längst nicht mehr stimmt. Die Jagd ist heute keine snobistische Betätigung elitärer Kreise. Jeder, der die erforderlichen Qualifikationen nachweist, kann Jäger werden. Und dazu zählt vor allem eines: Der Natur den nötigen Respekt entgegenzubringen. Jagd ist Naturschutz durch nachhaltige Naturnutzung.

Es herbstelt – im Wald und auf dem Teller!

An allen Ecken und Enden spürt man dieser Tage, dass sich der Sommer nun verabschiedet und dem Herbst die Bühne überlässt. Langsam beginnen die Wälder, sich in den leuchtendsten Farben zu präsentieren. Ein wunderschönes Spektakel, das sich nun um uns darbietet.

Als Jäger nimmt man den Wechsel der Jahreszeiten sozusagen aus erster Reihe wahr. Beim Gang durchs Revier fallen nun plötzlich untrügliche Zeichen auf, die den Beginn einer neuen Jahreszeit einläuten. Denn jeder weiß: Wenn die ersten Eicheln fallen und die jungen Fasane ihr Federkleid ändern, dann heißt es Abschied nehmen vom Sommer.

Jagdlich kommen nun intensive Zeiten auf alle Grünröcke zu. Der Herbstrehabschuss, die Hirschbrunft oder die Herbstjagden bedeuten jedes Jahr eine sehr mühevolle, aber auch eindrucksvolle Zeit.

Und das Resultat dieser Bemühungen bereichert nun auch besonders häufig unsere Speisepläne! Zahlreiche Menschen lockt in den nächsten Wochen der unvergleichliche Geschmack eines Rehbratens oder einer Hasensuppe in die lokale Gastronomie. Viele nutzen auch die Möglichkeit, sich bei der oberösterreichischen Jägerschaft direkt mit heimischem Wildbret zu versorgen.

Schließlich handelt es sich dabei ein absolut hochwertiges Nahrungsmittel – Regionalität, Klimaschutz, Lebensraumpflege und Artenschutz inklusive!

Auf der Jagd für den Klimaschutz

Über 3,3 Milliarden Menschen leben weltweit an Orten, die durch die Klimakrise stark bedroht sind, und leiden – gleichsam mit der Natur – unter den Auswirkungen der steigenden Temperaturen. Die biologische Vielfalt und die Leistungen von Ökosystemen wie Nahrung oder sauberes Wasser sind aber für das Überleben der Menschheit essenziell. Umso wichtiger ist daher die Rolle der Jägerinnen und Jäger als Hüter der Biodiversität.

Eines ist klar: Klimaschutz geht nicht ohne Naturschutz. Intakte Ökosysteme können CO2 als Hauptursache der menschengemachten Klimakrise speichern. Zusätzlich dienen sie als „Natur-Klimaanlage“ in einer immer heißeren Welt. Aber defacto werden intakte Ökosysteme weniger.

Bis zum nächsten Jahr werden schätzungsweise 276 Millionen Menschen deshalb international auf humanitäre Unterstützung angewiesen sein. Die Klimakrise entzieht immer mehr Menschen die Lebensgrundlagen. Allein im vergangenen Jahrzehnt starben mehr als 410.000 Personen weltweit laut Rot-Kreuz-Angaben durch plötzlich auftretende klimatische Veränderungen und wetterbedingte Katastrophen.

Der Zustand der Pflanzen- und Tierwelt hat sich in der jüngeren Vergangenheit stark verändert. Denn begradigte Gewässerläufe, zu intensive Landwirtschaft, Wälder im Klimastress oder die stetige Verbauung von Natur sowie die ausufernden Nutzungsansprüche unserer Gesellschaft drängen viele Tier- und Pflanzenarten immer weiter zurück.

Nachhaltige Jagd ist auch Klimaschutz

Das Bewusstsein alleine reicht nicht – es braucht Taten. Es braucht Menschen, die die Basis für eine optimale Nutzung von Wald, Feld und Flur für Pflanzen, Mensch und Tier schaffen. Hier kommen wir Jägerinnen und Jäger ins Spiel. Denn wir tragen dazu bei, dass etwa eine Verjüngung der Wälder bestmöglich unterstützt wird. In einer noch nie dagewesenen Situation wie der Klimakrise braucht der Wald den Beitrag durch die Jagd noch stärker als früher. Uns heimischen Jägern ist es ein Anliegen, Wald und Flur für die Herausforderung unserer Zeit stark zu machen. Die Bedeutung einer intakten Kulturlandschaft ist in der Klimakrise notwendig. Wir sorgen mit unserer vielfältigen Arbeit für Ausgewogenheit. Durch Schutz- und Lenkungsmaßnahmen sowie gezielte jagdliche Eingriffen kann die Entwicklung des Waldes sehr gut mitunterstützt und so die Grundlage für einen gesunden Lebensraum geschaffen werden. Der Schalenwildbestand ist ein entscheidender Faktor im notwendigen Waldumbau. Klar ist aber, dass der Beitrag der Oö. Jägerschaft nur ein Zahnrad im komplexen Gefüge der neuen Herausforderungen ist. Grundsätzlich sind Beiträge der gesamten Gesellschaft notwendig, um Klimaschutz zu ermöglichen. Wir tragen mit dazu bei, dass die grüne Lunge unseres Planeten funktioniert. Die Natur sagt Weidmannsdank!