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Eine Spur Gelassenheit!

Der Sommer ist mit Normalität übers Land gezogen. Selbst die schon üblichen Trockenschäden blieben unserer Natur weitestgehend erspart. Auch der gestresste Wald hat sich durch ausreichend Niederschläge wieder in üppiges Grün verwandelt. Zahlreiche Jäger haben mir berichtet, dass die Jagd in den Waldrevieren heuer wirklich fordernd sei, weil die Bodenvegetation von Naturverjüngung und Strauchwerk extrem sind und die Sichtbarkeit der Rehe daher eingeschränkt ist. Ich würde sagen: wunderbar! Wäre da nicht die bedrohliche Gesamtsituation und das Dauerthema „Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder und Fluren“ und damit natürlich auf die Wildtierlebensräume.

Bei aller Ernsthaftigkeit und bei allem Problembewusstsein erlaube ich mir trotzdem eine Spur Gelassenheit und lehne eine spürbare, generelle Panikmache ab. Wir sind längst wachgerüttelt und bemüht, Wege durch diese fordernde Situation zu finden. Die Natur wird mit ihrer Selbstheilungskraft so manche Wunden heilen und wir werden sie als Jäger oder Land- und Forstwirte dabei unterstützen. Ich halte nichts von polarisieren, von Schuldzuweisungen und Forst-Jagd-Konflikt, aber sehr viel vom Forst- & Jagd-Dialog.
Meine Gelassenheit ist natürlich nur temporär, weil die Einseitigkeit in der Situationsanalyse uns Jagdvertreter zur Zeit dementsprechend fordert. Es ist noch viel leichter und einfacher, Schuldige zu haben und notfalls solche zu inszenieren als über ganzheitliche Lösungen nachzudenken und vor allem ernsthaft anzugehen. Zum Beispiel den übermäßigen Flächenverbrauch einzuschränken, funktionierende und praxistaugliche Raumnutzungsmodelle inklusive Wildtiermanagement zu entwickeln und eine Land- & Forstwirtschaft, die nicht Gewinnmaximierung, sondern echte Nachhaltigkeit zum Ziel hat.

Meine Gelassenheit begründet sich aber in der Überzeugung, dass auch in unserer Zeit immer mehr engagierte und maßgebliche Menschen in vielen Bereichen an vernünftigen Lösungen arbeiten. Am Rücken des Wildes und der Jagd darf diese herausfordernde Situation jedenfalls nicht ausgetragen werden. Volle Unterstützung durch die vielfältigen Leistungen der Oö. Jägerinnen und Jäger muss es aber geben.

Die Natur sagt Weidmannsdank!
Euer

Herbert Sieghartsleitner

Klimaerwärmung macht auch vor unserem Rehwild nicht Halt

Noch nie waren Klimaschutz und die Folgen der Klimaerwärmung medial präsenter als jetzt. Der Klimawandel verändert unser Leben, unsere Landschaft und auch das Leben unserer Wildtiere.

In den nächsten Jahren müssen wir vermehrt mit Hitzewellen, örtlichen Starkregen mit Überflutungen, weniger Schnee und gebietsweise starker Trockenheit in Österreich bzw. in Europa rechnen. Auch unsere Wildtiere leiden unter diesen Klimaänderungen.
Bezugnehmend auf einen Jagdbezirk in der Steiermark musste in den letzten Jahren festgestellt werden, dass das Durchschnittsgewicht beim Rehwild leicht gesunken ist. Auffällig dabei ist vor allem, dass die deutlichsten Rückgänge bei den Kitzen zu verzeichnen sind.
Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Klimaerwärmung auch vor unserem Rehwild nicht Halt macht.

Die Brunft beim Rehwild findet – wie gewohnt – Ende Juli/Anfang August statt. Nach der danach einsetzenden Keimruhe bei den Geißen, beginnt sich Ende Dezember bzw. Anfang Jänner der Embryo in der Gebärmutter zu entwickeln.
Im Mai ist es dann so weit, und die Kitze erblicken das Licht der Welt.
Zu dieser Zeit ist die Vegetation allerdings schon meist deutlich fortgeschrittener als noch vor 20 Jahren, und die Geißen finden nicht mehr diese nahrhafte und frische Biomasse vor, die sie für eine optimale Versorgung der Kitze benötigen würden.
Eine schlechte Futterqualität bedeutet, dass sich Kitze deutlich schlechter und langsamer entwickeln.

Grundsätzlich wachsen Kitze vor allem in den ersten Wochen ihres Lebens sehr schnell, was für Feindverhalten und Flucht notwendig ist. Wenn die Nahrungsqualität und die klimatischen Gegebenheiten im Frühling und im heißen Sommer schlecht sind, können Kitze nicht jene Fettreserven anlegen, die sie bräuchten, um gesund und ungefährdet über den Winter zu kommen.

In den Sommermonaten ist es schwierig, das Rehwild zu unterstützen und mit Wasser zu versorgen, da Rehe im Sommer territorial leben und keine Notgemeinschaften (wie im Winter) bilden.
Im Sommer bräuchten wir unzählige kleine Wasserstellen und eine Vielzahl an Wildwiesen mit lockeren und feuchten Böden, um dem Rehwild über die heißen und trockenen Sommermonate zu bringen. Wer kümmert sich um diese biotopverbessernden Maßnahmen? Natürlich Jägerinnen und Jäger … wer sonst?

Die Notzeit für unser Rehwild ist schon lange nicht mehr im Winter, sondern eindeutig im Sommer. Da ist nämlich das Rehwild oft wochenlang damit konfrontiert, dass es kein Wasser und keinen Tau gibt.

Foto: GF Ch. Böck

Grünes Herz

Als überzeugter Naturschützer und leidenschaftlicher Jäger ist der Wald quasi mein zweiter Lebensraum. Die Dramatik, mit der der Klimawandel unserer grünen Lunge zusetzt, ist daher für mich besonders erschreckend. Es ist höchst an der Zeit, dass wir erkennen, dass der Wald unsere Klimaschutzfabrik ist. Und in dieser grünen „Fabrik“ stehen die Warnsignale auf dunkelrot. Der Klimawandel und der damit verbundene Waldumbau betreffen die Jagd besonders. Eine Herausforderung dieser Dimension haben wir in der Vergangenheit kaum erlebt. Oberösterreichs Jägerinnen und Jäger sind sich jedenfalls ihrer Verantwortung bewusst.
Eine Schlüsselrolle spielt künftig die Verjüngung des Waldes mit standortgerechten Baumarten. Zentral für dieses Ziel sind dabei angepasste Wildbestände – und damit die Jagd. Aber was sind angepasste Wildbestände? Nicht die Zahl der Wildtiere ist dabei relevant, sondern auch, wie der Lebensraum sonst noch ausgestattet ist! Gibt es anderweitige nutzbare Nahrung für Wildtiere? Können möglichst viele Bereiche von Wildtieren ohne Angst vor dem Menschen genutzt werden ohne auf die Nachtstunden auszuweichen? Wie wird die Winterfütterung im Sinne einer vernünftigen Lenkung eingesetzt? Gibt es noch Ruhebereiche?
Wichtig ist, dass wir gemeinsam den Fokus auf einen zukunftsfähigen Wald mit artenreichen Wildbeständen legen. Nur wenn wir alle auf Augenhöhe agieren, wird es möglich sein, die Grundlage für einen gesunden Wald von morgen zu schaffen. Die Natur sagt Weidmannsdank!

Die Zukunft der Jagd

Wo die Jagd in 10, 20 oder 30 Jahren stehen wird oder viel mehr, was sich die Menschen in Österreich von der Jagd in Zukunft erwarten, beschäftigt längst nicht nur uns Jäger. Wildtiere stehen im Fokus unterschiedlicher Interessen und dies drückt sich in sehr ungleichen Bewertungen oder Positionierungen aus. Alleine deswegen müssen wir Jägerinnen und Jäger uns auch intern mit dieser bedeutenden Frage auseinandersetzen und mögliche Antworten in unseren Kreisen und Jagdverbänden diskutieren.

Dabei sind unvorhersehbare Veränderungen wie z.B. geopolitische Ereignisse (Kriege, Völkerbewegungen und globale Krisen) nicht vorhersehbar und damit nicht kalkulierbar. Flexibilität sowie notwendige Veränderungsbereitschaft sind Prädikate, die für die Zukunft der Jagd genauso bedeutend sein werden wie ein ehrliches, transparentes und authentisches Bekenntnis zu dem, was wir Jäger tun. In Zukunft wird es weiterhin zahlreiche unterschiedliche und individuelle Beweggründe für den einzelnen Jäger geben, sich für die Jagd zu entscheiden. Neben den vielen Aufgaben, Herausforderungen und Dienstleistungen, die wir für die Allgemeinheit, aber auch für die Grundeigentümer zu erbringen haben, sollten wir trachten, einige verbindende Grundsätze und Werte der Jagd zu kommunizieren und dafür einzustehen:

Jagd ist mehr als Lebensraum- und Wildtiermanagement.

Jagd ist mehr als Beute machen und streben nach Beute.

Jagd ist mehr als Trophäenernte und Freude an guten Strecken.

Jagd ist mehr als Dienstleistung und Pflichterfüllung.

Jagd ist mehr als Einsatz für Artenschutz und Biodiversität.

Diese Liste könnte man noch lange fortsetzen. Jagd beinhaltet all diese Bereiche und ist noch mehr. Jagd ist das besondere, unbeschreibliche Ereignis, das uns Jägerinnen und Jäger in  seinen Bann zieht. Ein unerschöpfliches und einzigartiges Eintauchen und Verschmelzen mit der Natur, mit allem, was dazu gehört und deren Teil wir auch sind. Freude und Begeisterung am Leben genauso wie ein Bekenntnis zur Nutzung. Das ist die Vergangenheit, die Gegenwart und auch die Zukunft der Jagd.